Die Vereinbarkeit von Familie und Wissenschaft ist – so könnte man es kurz fassen – verbesserungswürdig. In einer Kultur des kompetitiven „immer höher und weiter“, mit unsicheren Karriereperspektiven, hohem Workload und vielen Arbeitsortswechseln bis in die fünfte Lebensdekade scheint die Familiengründung für viele Wissenschaftler:innen ein Risiko zu sein.

Dann wird diese oft aufgeschoben oder die gewünschte Kinderzahl wird nach unten angepasst. Oder man verzichtet ganz auf Kinder. Junge Wissenschaftler:innen haben einen ebenso ausgeprägten Kinderwunsch wie Hochschulabsolventen gleichen Alters, die außerhalb der Wissenschaft arbeiten. Sie verwirklichen diesen aber seltener, zeigte der Bundesbericht zum wissenschaftlichen Nachwuchs von 2021.

Männer können die Familiengründung nach erreichten Karriereschritten nachholen. Bei Frauen ist das seltener der Fall.

Man kennt die Geschichten im Umfeld: von der Kollegin, der bei der Karriereberatung geraten wurde, lieber kein Jahr Elternzeit zu nehmen, um den Anschluss nicht zu verpassen. Oder der Kollegin, die vor ihrem Mutterschutz plötzlich doppelt so viel lehren sollte, um ihre anschließende Abwesenheit zu kompensieren. Oder von der Kollegin, die nur eine halbe unbefristete Stelle statt einer ganzen zugesprochen bekam, weil sie wegen ihrer kranken Kleinkinder manchmal fehlt.

Das alles sind keine Einzelfälle und Beispiele dafür, dass die Vereinbarkeit von Familie und Wissenschaft noch einen weiten Weg vor sich hat. Dabei sprechen andere Rahmenbedingungen im Wissenschaftsbetrieb gerade für eine gute Vereinbarkeit: die flexiblen Arbeitszeiten zum Beispiel, die sich häufig an den Familienalltag anpassen lassen – wenn auch die Arbeit natürlich nicht weniger wird. Und bei Förderungen, etwa einem Promotionsstipendium, lassen sich Phasen höherer und geringerer Arbeitsbelastung schaffen.

Lesenswert und mutmachend bei dem Thema ist übrigens Parenthesis-blog.de: Dort werden Erfahrungen geteilt, wie sich eine wissenschaftliche Karriere und die Familie verbinden lassen. Und wie man den täglichen Herausforderungen dabei begegnen kann.


Dieser Artikel wurde zuerst im Tagesspiegel veröffentlicht. Er ist Teil der Kolumne “Vom Campus”, in der ich alle 4 Wochen einen Text veröffentliche.