Es wäre ein Kulturwandel, was der Wissenschaftsrat vorschlägt: Moderne Personalstrukturen, und vor allem stärker differenzierte Berufsphasen nach dem Doktortitel.

In der frühen Postdoc-Phase – bis zu drei Jahre nach der Promotion – soll wenig selbstständig und ohne eigene Personal- und Budget-Verantwortung gearbeitet werden. In der späteren soll ein Postdoc weitgehend selbstständig arbeiten und dauerhaft angestellt sein.

Für jüngere Forschende ist dieser Vorschlag vorteilhaft, weil er früher als bisher die Perspektive enthält, unbefristet angestellt zu werden. Er bedeutet auch eine Änderung hin zu Departmentstrukturen, in denen eine größere Zahl erfahrener Wissenschaftler:innen gleichberechtigt zusammenarbeitet und gemeinsam über Personal- und Budgetfragen entscheidet. Eine solche kooperative Struktur begünstigt wissenschaftlichen Fortschritt.

Viele Professor:innen hadern jedoch mit ihm. Ein Bedenken ist, „nackte Professuren“ würden damit zum Standard. Gemeint sind Professuren ohne Lehrstuhl, also ohne eigenes Budget für Mitarbeitende. Denn die bisher befristet und abhängig beschäftigten Wissenschaftler:innen würden nun unabhängig forschen und lehren.

In Fächern, die auf Forschung in Teams angewiesen sind (zum Beispiel in den Natur-, Lebens-, Ingenieur- und Sozialwissenschaften), wird damit der Druck steigen, Drittmittel einzuwerben, um Forschungsvorhaben umsetzen zu können. Um diesen Strukturwandel auch für Professor:innen attraktiver zu gestalten, könnte man im Gegenzug ihr Lehrdeputat reduzieren. Damit bliebe mehr Zeit für die Forschung und Einwerbung von Drittmitteln. Eine Umstellung wäre sogar kostenneutral möglich: Das haben wir vor einigen Jahren in der Jungen Akademie ausgerechnet.


Dieser Artikel wurde zuerst im Tagesspiegel veröffentlicht. Er ist Teil der Kolumne “Vom Campus”, in der ich alle 4 Wochen einen Text veröffentliche.