meine forschungskollegen canceln ihre usa-reisen.
aus der tagesspiegel-kolumne 'vom campus'.
Sie würde ihre lang geplante Workshop-Teilnahme in den USA nun doch lieber absagen. Und auch nicht an der anschließend geplanten Konferenz dort teilnehmen, meinte eine Kollegin kürzlich. Dabei ist der Austausch auf beiden Veranstaltungen zentral für ihre Forschung. Die Kolleg:innen in den USA wären für alle Kosten aufgekommen. Vieles spricht für eine Teilnahme. Wäre da nicht Trump.
Spätestens seit ein französischer Wissenschaftler auf dem Weg zu einer Konferenz in den USA an der Einreise gehindert wurde – mutmaßlich allein wegen privater Nachrichten, in denen er sich kritisch über Trump äußerte – geht die Angst um. Müssen auch deutsche Wissenschaftler:innen damit rechnen, an der Grenze aufgehalten, bis ins Privateste durchleuchtet und wegen nicht-öffentlicher Äußerungen abgewiesen zu werden? Droht dann nicht nur der Einbehalt von technischem Equipment, sondern schlimmstenfalls die Einweisung in ein Abschiebegefängnis?
Mir kam diese Befürchtung zunächst hoffnungslos übertrieben vor. Eine kleine Umfrage in meinem Freundeskreis ergab jedoch: Nicht wenigen geht es so wie meiner Kollegin. Und zwar über Statusgruppen hinweg – von der jungen Postdoc bis zum langjährigen Professor, in den Geistes- ebenso wie in den Ingenieurwissenschaften.
Verwundern sollte das in Anbetracht der eskalierenden Maßnahmen von Trump vermutlich nicht: Tausende Wissenschaftler:innen haben in den USA über Nacht ihren Job verloren, die bisherigen Aufenthaltsrechte ausländischer Studierender wurden zum Teil eingeschränkt, der Wissenschaft kurzerhand Milliarden Dollar an Forschungsmitteln gestrichen. Ganze Forschungsbereiche werden abgewertet und Schlüsselpositionen mit Personen besetzt, die der Wissenschaft skeptisch gegenüber stehen.
Übertrieben ist die Sorge also leider nicht. Ein Einzelfall ebenso wenig.
Dieser Artikel wurde zuerst im Tagesspiegel veröffentlicht. Er ist Teil der Kolumne “Vom Campus”, in der ich alle 4 Wochen einen Text veröffentliche.