Jedes Jahr sind über 25 Prozent der Erwachsenen in Deutschland von einer psychischen Erkrankung betroffen. Von diesen erhält nur ein Bruchteil angemessene psychotherapeutische Unterstützung, auch wegen fehlender Therapieplätze. Gleichzeitig gibt es große Hürden bei der Ausbildung zukünftiger Psychotherapeutinnen. Das sollte durch eine Reform verbessert werden, ist bisher aber nur unzureichend gelungen.

Die erste Hürde: einen Studienplatz in Fach Psychologie erhalten, was im Allgemeinen wegen des extrem hohen Numerus Clausus fast nur den Jahrgangsbesten vorbehalten ist. Ein dreijähriges Bachelor- und ein klinisch spezialisiertes gut zweijähriges Masterstudium schließt zwar mit der Approbation zur Psychotherapeutin ab. Danach muss aber noch eine fünfjährige Weiterbildung zur Fachpsychotherapeutin erfolgen. Erst danach kann selbstständig gearbeitet werden.

Viel Kritik wird zurzeit vor allem daran laut, dass die Arbeit von Psychotherapeutinnen auf dem Weg zur Fachpsychotherapeutin nicht angemessen bezahlt wird. Das ist ungerecht. Zum Beispiel im Vergleich zu Assistenzärztinnen, die sich in einer vergleichbaren Situation befinden und gut bezahlt werden. Bis zu fünfstellige Schuldenberge häufen sich während dieser Zeit für die zukünftigen Fachpsychotherapeutinnen an. Das ist auch ein soziales Problem, weil es bestimmte Personengruppen systematisch von diesem Berufsfeld abhält, obwohl sie dringend gebraucht werden.

Eine Petition zur Finanzierung der Arbeit während der Weiterbildung soll diesem Missstand nun Abhilfe schaffen. Bis zum Donnerstag kann diese noch unterzeichnet werden. Das Quorum von 50.000 Unterschriften wird voraussichtlich erreicht und das Anliegen dann im Bundestag behandelt. Zu hoffen ist, dass dann endlich eine Lösung gefunden wird, die eine hochwertige Aus- und Weiterbildung ohne prekäre Beschäftigung ermöglicht, um weitere Generationen an gesellschaftlich dringend benötigten Psychotherapeutinnen zu sichern.


Dieser Artikel wurde zuerst im Tagesspiegel veröffentlicht. Er ist Teil der Kolumne “Vom Campus”, in der ich alle 4 Wochen einen Text veröffentliche.