Mehr als 30 Jahre nach der Wiedervereinigung ist die damit einhergehende Transformation noch lang nicht abgeschlossen. Das wird erneut deutlich, als der Beauftragte der Bundesregierung für Ostdeutschland, Carsten Schneider, vor einigen Tagen sein Konzept zur Steigerung des Anteils Ostdeutscher in Führungspositionen vorstellt. In der Elite sind Menschen ostdeutscher Herkunft nämlich noch immer systematisch unterrepräsentiert, was unter anderem auf weiterhin bestehende Vorurteile und dominante westdeutsche Eliten-Netzwerke zurückgeführt wird.

Das gilt auch für die Wissenschaft: Ostdeutsche machen nur 1,5 Prozent der wissenschaftlichen Elite aus, obwohl ihr Anteil an der Bevölkerung knapp 20 Prozent beträgt. Berlin ist keine Ausnahme: Keine der staatlichen Universitäten wird von einer Person ostdeutscher Herkunft geleitet. Im Präsidium der Humboldt-Universität – früher immerhin die größte Universität der DDR – findet sich keine Person aus Ostdeutschland und unter den neun Dekan:innen nur eine einzige.

Dabei ist Berlin prädestiniert dafür, Benachteiligungen von Ostdeutschen entgegenzuwirken. Zum einen, weil in der ehemals geteilten Stadt Ost und West besonders nah beieinander liegen. Zum anderen, weil Berlin bekannt ist für seine Vielfalt und Sensibilität für Diversität.

Die Berliner Wissenschaft sollte daher der Forderung des Ostbeauftragten folgen und die faire Teilhabe von Ostdeutschen fördern. Zunächst braucht es ein kontinuierliches Monitoring zum Anteil Ostdeutscher auf den unterschiedlichen wissenschaftlichen Karrierestufen. Damit ließe sich beobachten, auf welchen Ebenen Menschen unterschiedlicher Herkunft systematisch ausgeschlossen werden. Gleichzeitig würde endlich für dieses vernachlässigte Thema sensibilisiert.


Dieser Artikel wurde zuerst im Tagesspiegel veröffentlicht. Er ist Teil der Kolumne “Vom Campus”, in der ich alle 4 Wochen einen Text veröffentliche.