du schreibst was du bist!?
labor meets leben.
In jedem Buch versteckt sich auch ein Stückchen Autobiographie und jede gelesene Seite scheint einem häufig den Autor etwas näher zu bringen. Aber wieviel von uns steckt eigentlich wirklich in unseren Texten?
Wenn Menschen über eigene wichtige Erlebnisse oder Erinnerungen schreiben, dann sagen die Texte, auch über das Eigentliche hinaus, etwas über den Schreibenden aus. McAdams fand mit Kollegen (2004), dass sich anhand der Komplexität des Geschriebenen zum Beispiel phantastisch auf die Offenheit des Autors schließen ließ. Offene Menschen neigen nämlich deutlich mehr dazu, verschiedene Blickwinkel und diverse Emotionen zu berücksichtigen. Die Verträglichkeit einer Person zeigt sich dagegen eher in ihrem Fokus auf Aspekten, die mit Gemeinschaft zu tun haben. Solche freundlichen Personen schreiben nämlich häufiger von Liebe und Freundschaft, Hilfsbereitschaft und Zusammengehörigkeit. Weniger positiv sieht es wieder bei den neurotizistischen Menschen aus. Wer sich durch Nervosität und Traurigkeit auszeichnet, der schreibt auch eher Deprimierendes.
Etwas unterhaltsamer untersuchte der gute Albrecht Küfner das Phänomen zusammen mit Kollegen (2010). Er bat Personen darum, in wenigen Minuten eine Geschichte um die Worte Flugzeugabsturz, Zimmermädchen, Feuerwerk, Mittelalter und Supermarkt zu basteln. Trotz kurzer (und vermutlich absurder) Geschichten, die nicht zwingend etwas mit der eigenen Biographie zu tun hatten (wie auch…), konnte aus dem Text recht gut auf die Verträglichkeit und Offenheit des Schreibenden geschlossen werden. Der verträgliche Mensch neigte dazu, besonders positiv zu schreiben und von sozialen Aspekten zu berichten, während der offene Mensch neben einem positiven Schreibstil auch zur Kreativität neigte. Interessiert sich der Lesende allerdings für den Neurotizismus, die Extraversion oder Gewissenhaftigkeit des Schreibenden, so wird er kaum Aussicht auf Wissenserweiterung haben – dies ließ sich in den Texten nämlich nicht korrekt erkennen.
Nun verhält sich das wahre Leben, weit weg vom Labor, manchmal erfrischend anders. Das dachte sich wohl auch Yarkoni (2010), als er sich aufmachte, um Blogger und die dazugehörigen Blogs zu untersuchen. In fast 700 Blogs beobachtete er zahlreiche Zusammenhänge zwischen dem Schreibstil des Bloggers und seiner Persönlichkeit (obwohl hierbei unklar bleibt, ob dem Lesenden diese Verknüpfungen auch gelingen würden). Wie erwartet bloggt der Neurotizistische eher über Schreckliches, Deprimierendes und Beschämendes, während der Extravertierte über Drinks, Tanzen, Pools und Mädchen philosophiert (erstaunlicherweise auch über Großväter!). Der Offene schreibt über Kunst, Film, Literatur und Sex und der Gewissenhafte über Erledigtes und Abenteuer. Der Verträgliche liebt den Frühling und vermeidet Pornographie, schreibt über Schönheit, Freude und Umarmungen und dies ganz ohne Schimpfworte zu benutzen.
Der Lesende darf sich an dieser Stelle kurz zurücklehnen und über die Persönlichkeit des Lieblingsautors, des Verfassers des Buchs auf dem Nachttisch oder der Schreibenden dieses Artikels philosophieren. Doch Achtung: Auch wenn dem Kenner die Texte so einiges über den Schreibenden erzählen können, so führen viele Fährten auch in die Irre und dem Neuling sei empfohlen sich auf Schlussfolgerungen zu beschränken, die auf die Verträglichkeit und Offenheit abzielen. Weitere Mutmaßungen sollten mit Vorsicht angestellt werden und letztendlich empfiehlt die Autorin an dieser Stelle (wie so oft) das persönliche Zusammenfinden (beim leckeren Drink am schönen Pool nach einem Gespräch über Film und Literatur…).