familie als glücksbringer?
labor meets liebe.
Eine Familie macht gesund und glücklich! Aber Moment, fehlt da nicht noch ein bisschen Wahrheit? Woher kommen denn sonst die sex-müden Langzeitpaare und unausgeschlafenen Eltern mehr oder weniger Neugeborener? Heute also: Was die Familie mit unserem Glück macht.
Der traditionelle Mann baut ein Haus, pflanzt einen Baum und zeugt einen Sohn (möglichst in dieser Reihenfolge). In Münster kann man das zweite Ziel sehr passend mit der Hochzeit (die das dritte Ziel traditionsgemäß einleitet) koppeln. So entstand das obige Foto in Münsters Hochzeitswald, der „Freude und Zuversicht“ der Heiratenden ausdrücken soll. Zuversicht klingt ein wenig nach positiv verzerrter Hoffnung. Doch wie viel realistische Erwartung sollte eigentlich mit einer Hochzeit einhergehen? Zumindest werden heutzutage jährlich immerhin noch doppelt so viele Ehen geschlossen wie geschieden…
Die wohltuende Funktion der Ehe fasste Slatcher (2010) sehr umfassend zusammen. Verheiratete sind gesünder als Unverheiratete, was sehr viele Gründe haben kann: Die Ehe ist beispielsweise eine Form des sozialen Miteinanders. Unabhängig vom Trauschein sind Menschen, die viel mit anderen Menschen zusammen tun, gesünder, weil sie zum Beispiel mehr gesundheitsförderlichen Aktivitäten nachgehen (zum Beispiel gemeinsam Sport treiben). Außerdem heißt es, dass die Ehe glücklich mache und dieses Glück wiederum führe dazu, dass Menschen mehr auf ihre Gesundheit achten und ein besseres Immunsystem haben. Eine unglückliche Ehe macht diesen Gesundheitseffekt aber sogleich auch wieder zunichte und kann zu Herzkrankheiten und einem verfrühten Tod führen.
Eine Ehe macht also nicht zwangsläufig gesund und glücklich, sondern nur eine gute Ehe. Meltzer und Kollegen (im Druck) empfehlen diesbezügich einen Gewichtsvergleich: Ehen sind insbesondere dann glücklich, wenn die Frau dünner ist als der dazugehörige Mann. Die praktischen Implikationen daraus können sicherlich vielfältig sein („Nimm zu, damit ich nicht abnehmen muss!“) und ich hoffe auf eine Replikation der Ergebnisse, denn das klingt ja schon sehr überraschend. Insgesamt scheinen Verheiratete aber tatsächlich glücklicher zu sein, wie Lucas (2003, 2007) mit Kollegen in sehr vielversprechenden Analysen herausfand, nur: Verheiratete waren schon vor der Heirat glücklicher und das Glückshoch durch die Hochzeit ist nach zwei bis drei Jahren meist schon wieder verpulvert.
Doch was passiert mit dem Glück nach unvorstellbar vielen Ehejahren – macht potentielle Eintönigkeit dann nicht vielleicht das Glück kaputt? Passend dazu konnten Mogilner mit Kollegen (2011) Hoffnung wecken, denn Glück ist eben nicht gleich Glück: Junge Menschen sind glücklicher in aufregenden Zeiten, während ältere Menschen das Glück in friedlichen Zeiten finden. Der junge Leser, der glücklich über sein aufregendes (Beziehungs-)Leben ist, braucht also keine Angst vor einer langweiligen Dauerbeziehung haben, da er dies später vermutlich besonders glücklich machend empfindet.
Neben dem (Ehe-)Partner sind aber natürlich auch Kinder ganz hervorragende Glücksbringer. Wenn nackte Kinderfüße unter Nachthemden oder Schlafanzugbeinchen über das Parkett tapsen und große Kulleraugen Komplimente unterstreichen („Mami, Du bist so schön wie eine Prinzessin!“), dann wird der Lebensmittelpunkt wieder an den richtigen Platz gerückt und das Glücksgefühl schwirrt umher wie ein Jahrtausend-Feuerwerk. Konträr zu diesen Empfindungen zeigt sich allerdings, dass die Geburt eines Kindes keineswegs ein Glücks-Garant ist. Vielmehr sinkt die Zufriedenheit sogar sowohl beträchtlich als auch langfristig. Nur ist dieser Glückseinbruch vermutlich weniger den liebenswerten Lebenssinn-Gebern anzulasten als vielmehr den typischen Begleiterscheinungen wie wenig Schlaf, weniger Zeit der Eltern füreinander, der Umstellung des Alltags, Hürden und Grenzen bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und so weiter und so fort.
Bei diesen Ergebnissen kann man ja schon fast von Glück sprechen, dass überhaupt noch Kinder geboren werden, wenn natürlich derzeit in Deutschland auch viel zu selten. Doch warum bekommen glücks-gierige Menschen denn überhaupt Kinder? Früher konnten die Nachteile die mit Kindern einhergehen mit der mangelnden Möglichkeit der Verhütung und wirtschaftlicher Notwendigkeit wett gemacht werden (in Zeiten, in denen die Kinderarbeit zum Alltag gehörte). Doch die moderne Natur bringt auch heutzutage, wo diese Argumente nicht mehr zählen, die potentiellen Eltern dazu sich fortzupflanzen und zwar durch Idealisierung, wie Eibach und Mock (2011) herausfanden: Wenn Menschen bewusst gemacht wird, dass es doch eigentlich irrational sei ein Kind zu bekommen (gemessen an den damit einhergehenden Nachteilen), dann idealisieren diese die Elternschaft in übertriebenem Maße, um auch vor sich selbst zu rechtfertigen, warum der Nachwuchs eine gute Entscheidung ist.
Und was bleibt nun an praktischen Implikationen nach diesen ups-and-downs des Familien-Glücks? Die Autorin rät: Heiratet und kriegt Kinder (oder andersherum)! Aus wissenschaftlicher Sicht sei geraten, dass gute Menschen im nahen Umfeld auch Gutes bringen – mit oder ohne Trauschein, als Freund oder als Familienmitglied. Von schlechten Beziehungen sei allerdings auch aus gesundheitlicher Sicht abgeraten. Wer sich von der Ehe den Glücks-Bringer schlechthin erhofft wird wohl enttäuscht werden und selbst Kinder, für sich genommen eigentlich das größte Glück überhaupt, gehen mit einigen Glücks-Einschränkungen einher, da heißt es dann: eigene stetige Versicherung, dass selbst die schrägsten Phasen irgendwann einmal ein Ende haben und danach gewiss das uneingeschränkte Glück auf allen Ebenen im Überfluss folgt (→ Idealisierung).
Vielen Dank an dieser Stelle heute insbesondere an die Lieblingsliebsten, durch die eben doch das tägliche Glück in Überdosis gesichert ist.